Sie hatten sich
eine ganze Zeit nicht mehr gesehen. Seit der Beerdigung von Elas Großmutter
waren zwei Monate vergangen. Wie in früheren Zeiten hatten sie sich zu einem
Nachmittags-Spaziergang verabredet. Die beiden Frauen gingen eng
nebeneinander. Der Weg war vom Laub bedeckt, das die ersten Schübe des
Herbstes von den Bäumen hatte fallen lassen. Heute war es ein freundliche
Tag, mit milden Temperaturen und zwischen den Wolken schaute immer wieder
die Sonne hervor, deren Strahlen die Baumkronen gelblich, rötlich und
bräunlich leuchten ließen und schmale helle Streifen auf den Weg malten. Doros
Hund, mit der Statur eines Schäferhundes, aber mit schwarzem zotteligem Fell,
bewegte sich ungefähr auf ihrer Höhe entlang des Wegesrandes, schnüffelte an
dem ein oder anderem Geäst und markierte gelegentlich rüdenhaft jene
Stellen, an denen er dies für notwendig erachtete. Ela berichtete vom Tod
ihrer Großmutter, den Monaten im Altenheim, den Umständen des Sterbens und
schließlich auch von dem ja nahezu dramatischen Ereignissen bei der
Beerdigung. Doro hörte ihrem Bericht zu und wandte sich zu ihr, während sie
für eine Weile stehenblieben.
"Vor ein paar
Jahren hatte ich sie ein paar Mal öfter gesehen. Sie war doch nach dem Tod
ihres Mannes, Deines Großvaters hierher, in Eure Nähe gezogen. Da wirkte sie
so gesund und robust. Wann war das?".
"Sie ist vor vier
Jahren hierhergezogen. Ja, sie war auch sehr rüstig. In den letzten zwei
Jahren ging es dann plötzlich so bergab."
Ela blieb stehen und wandte sich
ihrer Freundin zu, die einwenig größer war als sie.
"Ich hatte nur
noch selten Kontakt zu ihr, seitdem ich von Zuhause ausgezogen war. Ich glaube, ich
hätte mich mehr kümmern müssen. Schließlich war ich ihre Enkelin und Mama
und Rieke, die waren zwar mehr bei ihr, aber …. Ich hätte mehr da sein
müssen".
Sie waren wieder
stehen geblieben. Jetzt nahm Doro Ela in den Arm, umfasste sie an beiden
Seiten und Ela legte ihren Kopf an ihre Schulter. "Der Tod gehört zum Leben,
keinem von uns wird es anders ergehen." Als sie von Ferne zwei Radfahrer
wahrnahmen, lösten sie sich und Doro rief mit einem "Dexi, hierher!" ihren
Hund herbei.
"Vielleicht ist
es so, wie hier in der Natur. Jedes Jahr fallen die Blätter von den Bäumen",
hob Doro an, als die Radfahrer sie passiert hatten. "Sie haben ihre
Lebensspanne absolviert, nun lösen sie sich vom Baum, wehen herab und
dienen, wenn gut läuft als Kompost für das Heranwachsen kommender
Generationen."