Schwerpunkt Ukraine-Krieg:
Top Ten Förderer*Innen kriegerischer Eskalation und Hochrüstung
An dieser Stelle die KandidatInnen für die Top Ten derer, die sich im Ukraine-Krieg für eine Eskalation stark machen:
Seit Februar 2022 herrscht Krieg in der Ukraine. Genauso lange währen die
Debatten, wie dem Krieg zu begegnen ist. Als Folge eines Krieges wurde
bereits in der Antike formuliert: „Die Wahrheit stirbt zuerst.“ Es
etabliert sich ein Freund- / Feind-Denken, das rationale Analyse
überdeckt. Gesinnung und Haltungen werden wichtiger, ein sachlicher
Austausch von Argumenten immer schwieriger.
In der Diskussion rund
um den Ukraine-Krieg lassen sich im Groben zwei Lager unterscheiden: Die
einen stehen für eine rückhaltlose militärische Unterstützung der Ukraine
und als Konsequenz eine entschlossene Aufrüstung des Westens. Die anderen
fordern ein Einfrieren der Kampfhandlungen, Verhandlungen und die Suche
nach einer neuen Friedensordnung.
Die Debatte wird mit Härte
geführt und ist verbunden mit erheblichen Vorwürfen und Verunglimpfungen.
Schwierig ist einzuschätzen, welche Position von der Mehrheit der
Bevölkerung geteilt wird. Eine Studie vom Februar 2024 in zwölf
europäischen Ländern ergab als die vorherrschende Meinung, die im
Durchschnitt von 37 Prozent geteilt wird, dass eine Kompromisslösung den
Krieg zwischen der Ukraine und Russland beenden wird. In den Medien
Fernsehen, Radio, entsteht allerdings eher der Eindruck, dass die Förderer
von Waffenlieferungen und einer Aufrüstung die Mehrheit stellten.
Das Lager, das für eine rückhaltlose militärische Unterstützung der
Ukraine und als Konsequenz eine Aufrüstung des Westens fordert sieht als
erstes Ziel, dass die Ukraine Russland auf militärischem Wege stoppt, bzw.
Russland besiegt. Letztlich werden die vollständige Wiederherstellung der
nationalen Integrität der Ukraine einschließlich der Krim, ein Sieg über
Russland sowie das Ende der Regentschaft und eine Bestrafung des
russischen Präsidenten Putin anvisiert.
Diesem Lager gehören
Politiker der meisten im Bundestag vertretenen Parteien, Vertreter und
Vertreterinnen der Wirtschaft, Akteure aus Think Tanks und Bürger und
Bürgerinnen an, die an eine Lösung auf dem Schlachtfeld glauben.
Die Argumentationslinien dieses Lagers haben verschiedene Ausgangspunkte:
Ein wesentlicher Kristallisationspunkt sind die Einschätzungen zur
Person des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Eingeschätzt wird, dass
Putin einen imperialen Expansionskurs eingeschlagen habe. Nach einer
Eroberung der Ukraine werde der Expansionsdrang auf die baltischen Staaten
richten mit dem Ziel das Herrschaftsgebiet der ehemaligen Sowjetunion,
bzw. des Zarenreichs wiederherzustellen.
Parallel zur Dämonisierung
des russischen Präsidenten Putin findet in dem Lager der Waffenlieferanten
eine Heroisierung seines Counterparts Wolodoymyr Selenskyj statt, der als
ukrainischer Präsident standhaft und unerschrocken das ukrainische Volk im
Kampf gegen Russland anführe.
Den Hintergrund für die Förderer von
Waffenlieferung bietet die Weltsicht, die die Welt in
freiheitlich-demokratische Staaten und mehr oder minder autokratische,
repressive Regime sowie Terrororganisationen aufteilt mit der Folge, dass
sich die westliche Welt diplomatisch, politisch und militärisch in allen
Erdteilen in Konfliktkonstellationen verstrickt sieht.
Eine
besondere Rolle kommt in diesem Konstrukt der NATO zu. Während vor fünf
Jahren der französische Präsident dem Militärbündnis wegen
Wirkungslosigkeit einen Hirntod attestierte, war es vor allem
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der quasi von Amts wegen daran
arbeitete, das Ruder herumzureißen und die NATO zu alter Größe
zurückführen zu wollen. So wurde und wird er nicht müde, für immer größere
militärischen Hilfspakete für die Ukraine zu werben und gleichzeitig auf
eine nun schnelle Steigerung von Rüstungsausgaben in den NATO-
Mitgliedsländern hinzuwirken.
Damit ist er nicht allein. Zur Sicherung
der Handlungsfähigkeit der NATO formulierte Politikwissenschaftlerin
Claudia Major, Politikwissenschaftlerin im Think Tank „Stiftung
Wissenschaft und Politik“ bereits 2020 drei Voraussetzungen: Einigung über
politisch-strategische Fragen, die Entwicklung angemessener Prozesse und
Strukturen und die Zurverfügungstellung ausreichender Ressourcen.
Während es vor dem Krieg in der Ukraine bei Willensbekundungen blieb,
sorgte der Krieg als Art Katalysator dafür, dass alle drei Voraussetzungen
zunehmend erfüllt werden und die NATO zu alter Größe und Bedeutung
zurückkehrt.
Parallel laufen gerade auch vor dem Hintergrund einer
sich abzeichnenden erneuten US-Regierung Trump die Bestrebungen, die
militärischen Potenziale der EU zu erweitern. Neben der von der NATO
geforderte Erreichung des 2-Prozent-Ziels für die Ausgaben für die Rüstung
wird darauf gedrungen, dass Europa militärisch unabhängiger von den USA
werden.
In Deutschland wurde gleich zu Beginn des Ukraine-Kriegs
von Bundeskanzler Olaf Scholz 2021 eine Zeitenwende ausgerufen. Damit
einher ging eine beispiellose Erhöhung der Rüstungsausgaben. 100
Milliarden Euro wurden im Rahmen eines Sondervermögens für die Bundeswehr
bereit gestellt. Profiteure sind vor allem amerikanische (bei der
Beschaffung der 35 Kampfflugzeuge des Typs F-35) sowie deutsche
Rüstungsunternehmen, allen voran das DAX-notierte Unternehmen Rheinmetall.
Dessen Vorstandsvorsitzender Armin Papperger forderte jüngst, das
Sondervermögen zu verdreifachen. Für die Munitionsschmiede Rheinmetall ist
jetzt ausgegebenes Ziel, ab dem Jahr 2027 1,1 Millionen Schuss
Artilleriemunition pro Jahr liefern zu können.
Die Bundeswehr
profitiert ebenfalls von der Zeitenwende. Ihre Vertreter gehören ebenfalls
zur Fraktion derer, die eine militärische Lösung favorisieren. Einen
Einblick in die Erwägungen der Bundeswehr-Militärs gab eine öffentlich
gewordene Videokonferenz, in der Generalleutnant Ingo Gerhartz mit
weiteren hochrangigen Offizieren beriet, die Chancen zu steigern, das
Waffensystem Taurus“ an die Ukraine liefern zu können und relevante Ziele
zu treffen. Jüngste weitere Konsequenz der Zeitenwende ist eine
Wiedereinführung der Wehrpflicht, die ebenfalls vom Lager Waffenlieferung
begrüßt wird .
Hinter allem steht die Einschätzung, dass Sicherheit
vor allem oder ausschließlich mit militärischer Abschreckung zu erzielen
und es daher unerlässlich sei, beträchtliche Mittel in die Rüstung und
Militär zu stecken, Geld, das in anderen Budgets, z.B. Sozialleistungen
und Maßnahmen gegen den Klimawandel, eingespart werden muss. Schon während
der Maidan-Ereignisse 2013 / 20 14 zeigte sich, dass für jene Fraktion,
die die EU vor allem auch als Bollwerk gegen vermeintlich autoritäre
Staaten sehen, eine Erweiterung der EU um weitere osteuropäische Länder,
aber unter explizitem Ausschluss Russlands, von großer Bedeutung war.
Elmar Brok, CDU-Politiker trat 2013 / 2014, „Brüssel Strippenzieher in
Kiew“, wie es damals eine Boulevardzeitung titelte, vor den
Maidan-Demonstranten, um ihnen den sichere Weg in die EU zu verheißen.
Auch Brok hält nach wie vor einen Sieg der Ukraine über Russland für
möglich.
Die strikte Solidarität mit der Ukraine und die rigorose
Unterstützung von Wünschen nach immer neuen Waffensystemen – unabhängig
von einer Analyse der militärischen Situation – werden unterdessen von
SpitzenpolitikerInnen vor allem von CDU (Roderich Kiesewetter), FDP
(Agnes-Marie Strack Zimmermann) und den GRÜNEN (Anton Hofreiter) ohne
Unterlass öffentlichkeitswirksam eingefordert.
Insgesamt treffen
sich in dem Lager der BefürworterInnen von Waffenlieferungen Akteure mit
unterschiedlichem Background und Zielsetzungen zueinander. Auch wenn sie
nicht die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich wissen, nehmen sie einen
enormen Einfluss auf den öffentlichen Diskurs.
Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann
Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann, FDP-Bundestagsabgeordnete
Marie-Agnes Strack-Zimmermann befürwortet seit dem Beginn des russischen Überfalls auf
die Ukraine am 24. Februar 2022 die Lieferung schwerer Waffen in die
Ukraine. Am 21. Februar 2024 stimmte sie als einzige Koalitionsabgeordnete
für einen Antrag der Unionsfraktion, in dem Bundeskanzler Scholz explizit
aufgefordert wurde, der Ukraine Marschflugkörper des Typs Taurus zu
liefern.
Elmar Brok
Elmar Brok, CDU-Politiker, von 1980 bis 2019
Mitglied des Europäischen Parlaments
In seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten des
Europäischen Parlaments war Brok während des Euromaidan wiederholt in Kiew
tätig. (…) In diesem Zusammenhang galt Brok als Interventionist.
Dr. Anton Hofreiter
Dr. Anton Hofreiter, Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90 DIE GRÜNEN
Um die Ukraine „so zu unterstützen, dass sie den Krieg gewinnen wird“
befürtwortet Hofreiter, „Taurus“-Marschflugkörper an die Ukraine zu
liefern.
Hofreiter plädierte am 24. Mai 2024 dafür, die Ukraine
nicht länger davon abzuhalten, mit westlichen Waffen auch russisches
Territorium anzugreifen. „Es geht hier um den Schutz der ukrainischen
Bevölkerung. Daher sollten wir die Ukraine nicht daran hindern, mit den
gelieferten Waffen russische Kampfjets auch im russischen Luftraum
abzuwehren“.
Roderich Kiesewetter
Roderich Kiesewetter, CDU-Bundestagsabgeordneter und Oberst a.D. der Bundeswehr
Am 21. April 2024 sprach er sich in der Taurus-Kontroverse für die Lieferung des
Marschflugkörpers Taurus an die 2022 von Russland überfallene Ukraine aus.
Jens Stoltenberg
Jens Stoltenberg, NATO-Generalsekretär
Bündnis-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat die Alliierten aufgerufen, der Ukraine weiter Waffen und
Munition zu liefern. „Die Ukraine kann sich immer noch durchsetzen – aber
nur, wenn sie von den NATO-Verbündeten weiterhin robust unterstützt wird“.
Quelle: Tagesschau
Claudia Major
Claudia Major, deutsche Politikwissenschaftlerin und
Forschungsgruppenleiterin für Sicherheitspolitik der Stiftung Wissenschaft
und Politik
Claudia Major konzentriert sich in ihrer Forschungs-
und Beratungstätigkeit auf die Sicherheits- und Verteidigungspolitik in
Europa (NATO / transatlantische Beziehungen, EU, Deutschland, Frankreich,
Großbritannien). Aktuelle Beiträge behandeln u. a. die Rolle der NATO, die
deutsche Verteidigungspolitik, Europas strategische Autonomie bzw.
Souveränität sowie die deutsch-französische Kooperation.
Olaf Scholz
Bundeskanzler Olaf Scholz
Scholz wird als Zauderer bei den Lieferung schwerer Waffen bezeichnet.
Gleichzeitig hat er mit der Verkündung der Zeitenwende eine noch nie
dagewesene Rüstungsoffensive in Gang gesetzt.
Ingo Gerhartz
Ingo Gerhartz, deutscher Luftwaffenoffizier und seit 2018 Inspekteur
der Luftwaffe im Rang eines Generalleutnants.
Im folgenden Jahr 2023 fand auf Gerhartz’ Initiative hin und unter seiner
Gesamtverantwortung die zwölftägige internationale Großübung Air Defender
23 in Deutschland statt, die nicht nur eine reine NATO-Übung war.
General Ingo Gerhartz mahnte die NATO-Staaten, im Ernstfall als Reaktion
auf einen nuklearen Angriff auch Atomwaffen einzusetzen.
Armin Papperger
Armin Theodor Papperger, Vorstandsvorsitzender der
DAX-notierten Rheinmetall AG. Zudem ist er seit 2014 Präsident des
Bundesverbands der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie
(BDSV).
Die Münchner Sicherheitskonferenz war für ihn vor wenigen
Wochen einmal mehr das ideale Forum – nicht nur für Diskussionen, sondern
auch für die Anbahnung von Geschäften. (…) Es ist kein Zufall, dass die
Rheinmetall AG eines der Sponsorunternehmen der Veranstaltung ist.
Seit Beginn des Ukrainekriegs 2022 zeigt Papperger, wie man sich mit
eigenen Themen regelmäßig positionieren kann. Unlängst forderte der
Vorstandsvorsitzende der Rheinmetall AG mehr Geld für die Bundeswehr. Das
von Bundeskanzler Scholz angekündigte Sondervermögen reiche nicht aus.
„100 Mrd. € klingen nach einer riesigen Summe, aber wir bräuchten
eigentlich ein 300-Mrd.-€-Paket, um alles zu bestellen, was benötigt
wird“, zitiert ihn die Nachrichtenagentur Reuters. (VDI-Nachrichten)
Wolodymyr Selenskyj
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine
Der ukrainische Präsident setzt auf Waffenlieferungen, eine
Mitgliedschaft in der NATO und sieht derzeit keine Grundlage für
Verhandlungen mit Russland.