G e g e n s ä t z e

15.01.1991 - 15.01.2016 - 25 Jahre Beginn des 2. Golfkriegs

Kommentar zur Flüchtlings-Debatte:

In diesen Tagen jährt sich zum 25. Mal der Beginn von „Desert Storm“. Am 16.01.1991 startete die Aktion einer westlichen Militärallianz gegen den Irak. Sie war  nach dem Ende der Kolonialzeit der größte Waffengang des Westens in Nahost.  Auslöser war die Besetzung Kuweits durch den Irak. Nach rund sieben Wochen Luftangriffen und Bodenoffensive war der Irak besiegt.

Der damalige Krieg war hoch umstritten. „Kein Blut für Öl“ war einer der Slogans, die damals in Deutschland Tausende Menschen auf die Straße trieb. Obwohl Auslandseinsätze der Bundeswehr noch ein Tabu waren und Deutschland nicht militärisch unmittelbar beteiligt war, demonstrierten damals bundesweit Tausende gegen den Krieg. Zentrum der Aktionen in Bielefeld war damals der Jahnplatz, der  tage- und nächtelang blockiert war. Angst und die Einschätzung, dass dieser Krieg um die „Tankstelle des Westens“ neues Unheil heraufbeschwören würde, bewegte die Menschen zum Protest. „Niemand weiß, wie die Welt nach diesem Krieg aussehen, welche Folgen er für die Region, den Nahen Osten, für Europa, für Deutschland haben wird“, hieß es in einem Leitkommentar am nächsten Tag in der NW.

Desert Storm war die erste militärische Intervention in einer Reihe von Kriegen und Militäroperationen, die der Westen in Nahost folgen ließ. Nach den Anschlägen auf das World-Trade-Center 2001 folgte der Krieg in Afghanistan und 2003 der erneute Krieg gegen den Irak. Aktuell wird erneut ein vermeintlich sauberer Drohnenkrieg gegen den Terror geführt. Seither sind die politischen und sozialen Verhältnisse in weiten Teilen der Region prekärer denn je. Hunderttausende sind in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten Opfer von Krieg und Bürgerkrieg geworden. Radikale Kräfte haben in einigen Regionen die Überhand gewonnen, Tausende sind auf der Flucht. Gerade deutsche Rüstungsunternehmen haben durch Waffenexporte in die Region durchgehend gute Geschäfte gemacht.

Der Einsatz von Waffen und Gewalt haben zu einer Verrohung auf allen Seiten geführt: Der Drohnenkrieg fordert immer wieder Opfer Unschuldiger. Selbstmordattentate, grausame Exekutionen wirken weit über Nahost hinaus. Und so erleben wir, dass Flüchtlinge nicht allein in Demut und Dankbarkeit in Europa stranden, sondern dass Flüchtlinge kommen, die Bedingungen entflohen sind, in denen sie vor allem einen Daseinskampf haben führen müssen.

Die Botschaft in der aktuellen Flüchtlingsdebatte hier soll nicht sein: „Wir sind selber schuld, dass es jetzt so kommt“. Die Botschaft soll sein: Ja, wir sollten und - aufgrund unserer ökonomischen Stärke - können das schaffen: Menschen  in ihrer Not aufzunehmen und ihnen eine Perspektive in diesem Land zu ermöglichen. Sowie an der Beseitigung von Fluchtursachen in den Herkunftsländern mitzuwirken. Und damit ein wertvolles Signal in die Welt zu senden: nicht nur Hunger nach Rohstoffen, Durchsetzung geostrategischer Machtinteressen, Militäreinsätze und Waffenexport macht den  Westen aus, sondern Humanität und die Bereitschaft zu teilen – in der gegenwärtigen Situation vielleicht in einem Umfang und an manchen Stellen mit größeren Herausforderungen verbunden, wie wir uns das vorgestellt haben.

Das schließt selbstverständlich mit ein, dass alle Bürger und Bürgerinnen sich weiterhin sicher in diesem Land fühlen können – sowohl als Flüchtlinge und MigrantInnen als auch als Alteingesessene.

 

16.01.2016